Автор работы: Пользователь скрыл имя, 06 Декабря 2011 в 18:43, курс лекций
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Mit der in den letzten Jahren zu beobachtende Abnahme der lebensprägenden Kräfte von Familie, Konfession, sozialem Milieu und Gemeinde wuchsen gleichzeitig die individuellen Freiheitsräume junger Menschen und ihre Chancen, über den eigenen Lebensentwurf selbst zu bestimmen.
In diese Richtung weisen die Verlängerung der Bildungszeiten, die Trennung der Generationen durch eine zunehmende Orientierung an den Normen der Gleichaltrigen, die wachsende Bedeutung des Freizeit- und Konsumsektors und die Wirkung der Massenmedien. Auch wenn damit der Druck zu selbstverantwortlicher Lebensgestaltung zunimmt, so bekennen doch 83 Prozent der westdeutschen und 89 Prozent der ostdeutschen Befragten, dass sie im Falle persönlicher Probleme zunächst Hilfe bei ihren eigenen Eltern finden. Dies ist ein Beleg für die Suche nach klaren Orientierungen und Leitbildern.
Freilich finden nicht alle jungen Menschen den gewünschten Zugang und das Verständnis für ihre Probleme in Elternhaus oder Schule; häufig sind auch die Bindungen zu anderen verantwortlichen Bezugspersonen oder gesellschaftlichen Gruppen geschwächt, und nicht selten werden sie von den isolierten Jugendlichen ganz in Frage gestellt. In solcher Lage werden die jungen Menschen leicht verführbar zu Verhaltenswesen, die ihnen selbst, aber auch ihren Mitmenschen zur Gefahr werden können. Berufliche Perspektivlosigkeit verstärkt diesen Sog. Hier liegen einige Gründe für die Bereitschaft zu gesellschaftlichem und politischem Radikalismus, die in letzter Zeit insbesondere von Ideologen rechtsextremer politischer Gruppierungen für ihre kriminellen Ziele manipuliert und ausgenutzt wurde.
Rechtsradikale Gruppen, wo immer sie in Europa auftauchen und Kontakt zueinander suchen, sind Minderheiten. Ihr Auftreten in Deutschland Ost und West ruft Beunruhigung hervor und Gegenreaktionen einer demokratischen Mehrheit. Demonstrationen, Anzeigen von Banken und Unternehmen sowie zahllose Bürgerinitiativen zeigten, dass Rechtsradikale nicht die Unterstützung einer sogenannten „schweigenden Mehrheit“ haben.
Zusammengesetzt sind die Gruppierungen oft aus Mitgliedern der alten und vor allem der ganz jungen Generation. Einzelne haben vor Brandstiftung, Körperverletzung und Mord nicht zurückgeschreckt und wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt. Verurteilt wurden auch Mitglieder von Skinbands, die mit ihren Liedtexten zur Gewalt aufriefen.
Die kriminellen Angriffe Jugendlicher gegen Ausländer, vor allem in den neuen Bundesländern, haben insgesamt den Blick auf die Lebenssituation der Menschen in Ostdeutschland verstärkt. Während die rechtsextremistischen Gewalttäter von Polizei und Justiz mit allen Mitteln des Rechtsstaates verfolgt werden, rückt die Suche nach den Ursachen der Gewalt zunehmend in den Mittelpunkt der politischen Gegenstrategien.
Fremdenfeindliche Gewaltausbrüche haben in jüngster Zeit die breite Öffentlichkeit in Deutschland alarmiert und mobilisiert und im Ausland entsetzen und berechtigte Kritik ausgelöst. Die Mehrzahl der überführten Gewalttäter waren Jugendliche. Bei der Analyse der Tätertypen kommt man zu dem Ergebnis, dass sie nicht überwiegend einer gemeinsamen Herkunft zuzuordnen sind oder gemeinsame biographische Merkmale aufweisen. Auffällig ist auch, dass sie nicht durch gemeinsame Motive oder politische Vorstellungen gekennzeichnet sind. Es seien „eher diffuse Gefühle und Vorstellungen einer generellen Bedrohung und Benachteiligung der Deutschen gegenüber „den Ausländern“, insbesondere gegenüber den Asylbewerbern“, die die Täter motivierten. Gleichwohl lassen die Ergebnisse der Studie die Zugehörigkeit zu rechtsextremen und ausländischen Gruppen sowie zu Skinheadgruppen als einen signifikanten Faktor ausländerfeindlicher Gewalt erkennen. Die ganz überwiegende Mehrheit junger Menschen in Deutschland hat kein Verständnis für fremdenfeindliche Ausschreitungen; das ergaben repräsentative Umfragen. Die Bundesregierung und die Regierungen der Länder haben ihre Entschlossenheit bewiesen, Straftäter mit allen Mitteln des Rechtsstaates zu verfolgen und sie ihrer Strafe zuzuführen. Mindestens ebenso wichtig ist diese Eindämmung durch erzieherische und aufklärende Maßnahmen, gerade angesichts des niedrigen Alters der Täter. Seit Anfang 1993 führt man eine große Aufklärungskampagne gegen Extremismus und Fremdenfeidlichkeit durch.
Die Jugendkultur in Deutschland umfasst inzwischen auch Jugendliche nichtdeutscher Herkunft. Die Jugendkultur zeigt sich besonders in Diskotheken oder bei Musikveranstaltungen mit Sängerinnen und Sängern oder Gruppen, besonders von ausländischen Musikgruppen.
Jugendorganisationen. Junge Menschen sind in Westdeutschland sehr viel häufiger in Gruppen aktiv als in Ostdeutschland. Dies gilt sowohl für formale Jugendorganisationen und Vereine als auch für Cliquen oder auch Interessengruppen, in denen sie sich mit gleichartigen Freundinnen und Freunden treffen, zusammen in Restaurants, Kneipen und die Disko gehen. 37 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Westdeutschland sind Mitglieder einer Jugendorganisation, im Osten sind es nur 19 Prozent. Davon sind sowohl im Osten als auch im Westen 62 Prozent in einem Sportverein. Die Jugendzentren oder Sportzentren sind beliebte Treffpunkte. Viele Jugendliche treffen sich aber auch, um einem Hobby nachzugehen. 68 Prozent der westdeutschen Befragten geben an, einer Clique anzugehören, im Osten sind es nur 31 Prozent. Die Unterschiede der Cliquezugehörigkeit weisen u.a. auf einen Nachholbedarf bei der Bildung autonomer Jugendkulturen in den neuen Bundesländern hin; diese wird noch dadurch erschwert, dass ein akuter Mangel an Häusern, Begegnungs oder Sportstätten für spontane Zusammenkünfte oder organisierte Jugendarbeit herrscht. Dies wirkt sich auch auf die bevorzugten Freizeitaktivitäten aus: Im Westen steht Sport mit Abstand an der Spitze, im östlichen Deutschland ist es Musikhören und Lesen.
Es gibt in Deutschland etwa 80 überregionale Jugendverbände, in denen rund ein Viertel aller Jugendlichen organisiert ist. Die meisten bundesweiten Jugendverbände haben sich im Bundesjugendring zusammengeschlossen, so z.B. die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, die Jugendverbände der Gewerkschaften, die Landjugendverbände und der Ring Deutscher Pfadfinder. Mitgliederstärkste Jugendorganisation ist die Deutsche Sportjugend. Jugendverbände gibt es auch im politischen Bereich: Den meisten der dem Deutschen Bundestag angehörenden Parteien haben sich parteinahe Jugendverbände angeschlossen: Sie gehören dem Ring Politischer Jugend an. Die meisten Jugendorganisationen werden von Bund, Ländern und Gemeinden finanziell unterstützt. Die Jugendpolitik ist ein wichtiger Bestandteil der Innenpolitik der Bundesregierung; der Staat kümmert sich um die Jugend mit Schutzgesetzen, sozialen Hilfen und Angeboten zur freiwilligen Mitwirkung. Die Parteien haben Jugend- oder Nachwuchsorganisationen, die unter einem Mangel an Mitgliedern leiden. Es gibt informelle linke Gruppen - stärker in Westdeutschland- Umweltgruppen, aber auch Autonome und Chaoten, die Konfrontation suchen. Trotzdem gibt es bedeutende Probleme, die viele Sorgen bereiten: die Jugendarbeitslosigkeit, die Drogensucht und die unzureichende Schul- und Berufsausbildung der Jugendlichen.
Zuständig für die Jugendarbeit - für ein Angebot an Spotvereinen, Musikschulen usw. - sind in der Bundesrepublik die Kommunen. Beliebt ist das Deutsch-Französische Jugendwerk, das sich die Verständigung über Grenzen hinweg durch Begegnung und gemeinsame Aktivitäten zum Ziel gesetzt ist. Es fördert auch die deutsch-französische Zusammenarbeit und Austauschprogramme in den Bereichen der beruflichen, schulischen und außerschulischen Bildung. Das DFJW wurde schon 1963 durch den Vertrag über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich gegründet; sein Haushalt wird zum größten Teil von der Bundesregierung und der französischen Regierung finanziert. Der Erfolg dieser Programme hat die Verantwortlichen in Polen und Deutschland bewogen, auch ein Deutsch-Polnisches Jugendwerk ins Leben zu rufen.
Typisch an der Jugendkultur ist eine Jugendsprache, die sich besonders in bestimmten Ausdrücken zeigt und oft von Älteren nicht verstanden wird. „Cool“ war ein Ausdruck, den Jugendlichen einführten, später „gerl“, heute „krass“ (1997).
Die früher vor allen Dingen in den Universitätsstädten von studentischen Verbindungen geprägte Kultur spielt nur noch in wenigen Universitätsstädten eine Rolle und auch dort seit dem Ende des 2. Weltkrieges nur marginal.
In der DDR war die Jugend in der FDJ (Freie Deutsche Jugend) in die Politik integriert. Sie hatte ein umfangreiches Angebot (Sport, Technik, Spiele, Lager), das heute weitgehend weggefallen ist. Inzwischen hat sich ein Teil der Jugendkulturen in Ostdeutschland an die in Westdeutschland angeglichen. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit führt jedoch dazu, dass manche alternativen Szenen der Jugendlichen in Ostdeutschland stark nationalistisch und ausländischfeindlich sind. Aber auch in Westdeutschland gibt es eine gewisse rechtslastige Jugendszene, die auch über einige Musikgruppen konstituiert wird.
Ein besonderes Ereignis ist die Love-Parade in Berlin, zu der Hunderttausende kommen, um 24 Stunden zu singen und zu tanzen. Ähnlich - kleinere, nur mit Zehntausenden - Massentanzveranstaltungen finden an vielen Orten statt, z.B. in Frankfurt am Main, wo dazu ein langer Straßentunnel gesperrt wird.
Homosexuelle, sowohl Schwule als auch Lesben - sie finden sich natürlich nicht nur unter Jugendlichen -, treten inzwischen häufiger in der Öffentlichkeit auf, zum Teil großen Umzügen, wie z.B. in Berlin oder Köln.
Wohnen. Früher hatten Adelige, Bauern, Handwerker und Kaufleute eigene Häuser. Mägde, Knechte, Gesellen und Dienstleute hatten in deren Häusern kleine Kammern. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts überwiegen in den Städten Mitwohnungen.
Die Zahl der Wohnungseigentümer in Westdeutschland stieg ständig, weil nicht nur Häuser, sondern auch Wohnungen gekauft werden können.
In der DDR wurden fast nur Mietwohnungen gebaut. Dort ist daher die Zahl der Mieter wesentlich höher.
Die Mieten kosten einen guten Teil des Familieneinkommens. Das ist seit Jahren so in den westlichen Bundesländern, in Ostdeutschland sind die Mieten seit der Vereinigung erheblich gestiegen.
Die hohen Mietkosten fördern das Interesse an Wohneigentum. In Deutschland gab es bis vor wenigen Jahren eine intensive staatliche Förderung von Wohneigentum. Das Geld für Wohneigentum wird in der Regel bei Bausparkassen angespart, die dann zu günstigen Bedingungen eine Hypothek vergeben. Die Kosten für Wohneigentum in Deutschland sind sehr unterschiedlich, was zum einen an den Baukosten, zum anderen an den Grundstückspreisen, die in Ballungsgebieten sehr hoch sind, liegt.
Bezahlbarer Wohnraum ist in Deutschland knapp. Nur Objekte mit sehr hohem Kauf- oder Mietpreis werden angeboten. Preisunterschiede bestehen z.B. zwischen den Städten Dresden, Berlin, Hamburg, München und Leipzig einerseits, wo die Mieten und die Kaufpreise extrem hoch sind, und kleinen Orten im Hunsrück, in der Rhön oder in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Preise extrem niedrig sind. In Universitätsstädten sind die Mieten auch häufig hoch, weil viele Studentinnen und Studenten Wohnungen suchen. Junge Familien und Menschen mit geringem Einkommen haben große Probleme, eine günstige Wohnung zu finden. Der Soziale Wohungsbau, der vom Staat subventioniert wird, versucht, Abhilfe zu schaffen. Es fehlen aber in ganz Deutschland fast 1,6 Millionen Wohnungen (über 1 Million in Ostdeutschland), und diese Zahl nimmt trotz des Baubooms besonders in den neuen Bundesländern zu.
Jüngere Alleinstehende nehmen ihre Wohnungen meistens zur Miete; sie möchten mobil bleiben und haben deshalb weniger Interesse, Eigentum zu erwerben. Sie bevorzugen die Stadtzentren, in denen Wohnraum besonders teuer ist. Das Stadtleben, die Nähe zu den Freunden, zu Lokalen und kulturellen Veranstaltungen ist für sie unentbehrlicher Bestandteil des Lebens. Ältere Singles ziehen den Kauf einer Wohnung vor. Sie beanspruchen oft Wohnraum, der für mehrere Personen reichen würde, für sich allein (in Westdeutschland).
Die Lebensbedingungen in Deutschland West und Ost nähern sich indessen an. Die Mieten haben schon fast das Westniveau erreicht. Die stufenweise Angleichung der Löhne geschiet in den einzelnen Branchen unterschiedlich; durchschnittlich sind 75% des Westniveaus erreicht.
Zwischen Elbe und Oder werden Milliarden investiert, um verfallene Häuser zu sanieren und zu modernisieren. Die Bausubstanz hat in den vierzig Jahren der kommunistischen Herrschaft stark gelitten, umweltschädliche Heizsysteme haben die Luft verpestet. In der ehemaligen DDR entstanden seit den 60er Jahren eintönige Bauten aus fertigten Betonplatten. Die relativ kleinen Wohnungen entsprachen einer bestimmten Norm, denn Geld und Wohnraum waren knapp. Dafür waren die Mieten extrem niedrig (ca. ein Zehntel einer vergleichbaren Wohnungsmiete im Westen). Die Folge dieser Wohnpolitik war, dass die Mietpreise für eine Instandhaltung nicht ausreichten; zudem fühlten sich die Mieter für die Wohnungen nicht verantwortlich, da sie dem Staat gehörten. Die Neubauten verfielen ebenso wie die Altbauten und historischen Altstadtviertel vieler Städte. Nach der Wende hatte sich die soziale Situation besonders in den Plattenbau-Siedlungen verschlechtert, weil Einrichtungen wie Kindertagesstätten und Jugendclubs geschlossen wurden. Noch ist in den östlichen Bundesländern jeder dritte Haushalt in einer dieser Siedlungen untergebracht. Sanierungsprojekte verbessern die Wohnqualität durch den Einbau sanitärer Anlagen und moderner Heizungen mit geringem Energieverbrauch.
Im Steigen begriffen ist auch die Zahl der Obdachlosen (meist in Westdeutschland); das sind Alleinstehende ohne festen Wohnsitz, die auf der Straße leben oder Schlafplätze in Übernachtungsstätten haben. Gründe für ihre Obdachlosigkeit sind unter anderem Arbeitslosigkeit, Mietschulden, Familientragödien oder besondere Schicksalschläge.
Religionen in Deutschland.
In der Bundesrepublik gehören rund 57 Millionen Menschen einer christlichen Konfession an. Fast 29 Millionen sind evangelisch und fast 28 Millionen römisch-katholisch. Es gibt auch andere, viel kleinere Religionsgemeinschaften, zum Beispiel die griechischorthodoxe Kirche. Da in Deutschland viele Türken leben, ist der Islam ziemlich stark vertreten. (Die Zahl der Moslems beträgt 1,7 Millionen).
Die Bevölkerung auf dem Gebiet Deutschlands wurde im Mittelalter christianisiert und gehörte - bis auf wenige Juden - dem römisch-katholischen Glauben an. Mit der Reformation kam es im 16. Jahrhundert zu römisch-katholischen und protestantischen Gebieten. Sie wurden angesichert durch den Augsburger Religionsfrieden (1555), in dem festgelegt wurde, dass der jeweilige Herrscher die Religion seiner Untertanen bestimme (cuius regio eius religio). Die recht klaren katholischen und evangelischen Gebiete bestanden bis zu Beginn der Industrialisierung. Bei den protestantischen Gebieten gab es sowohl lutherische als calvinistische und - seit 1817 in Preussen — unierte (Evangelische Kirche der Preussischen Union, d.h. einen Zusammenschluss von Calvinisten/Reformierten und Lutheranern) Gebiete. Während der Industrialisierung strömten Protestanten und Katholiken in die aufstrebenden Industrieregionen, dies führte dort zu einer Mischung der Konfessionen. Diese Mischung verstärkte sich nach dem Zweiten Wetlkrieg durch den Zuzug von Flüchtlingen aus den früheren deutschen Ostgebieten.
Der Süden und Westen Deutschlands haben eine stärker katholische Tradition aufgrund der Entscheidung der damaligen dortigen Landesfürsten, im Norden und Osten herrtschen die Protestanten vor, obwohl es dazwischen immer wieder „Inseln“ unterschiedlichen Glaubens gibt; z.B. das Eichfeld in Thüringen, eine katholische Region, die früher dem Fürstbischof von Mainz gehörte, inmitten rein protestantischer Gebiete. 1803 wurden die kirchlichen Herrschaftsbereiche der Fürstbischöfe in die Hände westlicher Herren gegeben (Säkularisierung), was auch den Einfluss der (katholischen) Kirche eindämmte. Die Abkehr von den Kirchen begann bei vielen Deutschen im 19. Jahrhundert. Eine Anzahl von Deutschen gehört noch einer Kirche an, übt den Glauben aber nicht aus. Von Zeit zu Zeit gibt es „Wellen“ von Kirchenaustritten, z.B. bei Steuererhöhungen, um Kirchensteuern zu sparen, in der DDR sorgte eine deutlich antichristliche Politik dafür, dass die Zahl der Abgehörigen christlicher Kirchen erheblich zurückging. So ist die deutsche Bevölkerung zwar christlicher Kultur, den evangelischen Kirchen gehören jedoch nur 28,197 Millionen, der katholischen Kirche nur 27,465 Millionen Menschen an, d.h. über 25% der Bevölkerung gehört keiner christlichen Kirche (mehr) an.
Auch durch die Einwanderung von Arbeitsmigranten nach Deutschland und durch Flüchtlinge ist Deutschland kein rein christlich bestimmtes Land mehr. Die Zahl der Muslime in Deutschland hat inzwischen die Zahl von etwa 2 Millionen erreicht, in manchen Orten gibt es Moscheen, häufig auch für muslimische Kinder Koranschulen, die wegen ihrer autoritären Struktur kritisiert werden. Zu Konflikten kommt es weniger wegen unterschiedlicher Riten bei der Glaubensausübung - z.B. Beschneidung. Konflikte gibt es bei öffentlicher Ausübung des Glaubens, z.B. bei lauten Gebetsrufen von Minaretten; Glockengeläut der christlichen Kirchen wird dagegen am Tag geduldet.
Jüdische Gemeinden gab es bis 1933 für etwa eine halbe Million deutscher Juden in vielen Orten. Sie waren zum Teil recht groß. 1938 wurden fast alle Synagogen niedergebrannt. Danach war eine öffentliche Ausübung des jüdischen Glaubens unmöglich.
Gegen deutsche Juden propagierte die NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Kap. 3) und deren Organisationen sehr bald erste Boykottmaßnahmen. „Deutsche kaufen nicht bei Juden“. 1935 wurde in den Nürnberger Gesetzen festgelegt, dass Juden keine öffentlichen Ämter bekleiden durften, ihnen wurden die staatsbürgerlichen Rechte und die Gleichstellung, die sie im 19. Jahrhundert erworben hatten, genommen. Sogar enge Kontakte zu sogenannten „arischen“ Deutschen wurden als „Rassenschande“ unter Strafe gestellt. Jude wurde als Rasse definiert, nicht als Glaube und Kultur. Juden und Gegner des NS-Regimes wurden diskriminiert und wanderten - soweit möglich - aus, um Verfolgung und Inhaftierung zu entgehen. Andere, Künstler und Wissenschaftler, die nicht bereit waren, von ihren demokratischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Ideen Abstand zu nehmen, verließen Deutschland ebenfalls. Einige Namen von Emigranten: Albert Einstein, Sigmund Freud, Thomas Mann, Bertolt Brecht,...
Von der Bevölkerung wurden diese Maßnahmen weitgehend toletiert. 1938 nahm die NSDAP die Ermordung eines deutschen Botschaftsangehörigen durch einen jüdischen NS-Gegner in Paris zum Anlass, in einer nächtlichen Aktion am 9. November jüdische Geschäfte zu demolieren und die Synagogen anzuzünden. 91 Juden wurden getötet, 30.000 verhaftet. Die den jüdischen Deutschen zugefügten Schäden wurden nicht ersetzt, vielmehr mussten die Geschädigten noch 1 Milliarde Mark zahlen. Die Existenzgrundlage wurde so den meisten deutschen Juden entzogen. Im Krieg wurden alle Juden gezwungen, deutlich sichtbar gelben Judenstern zu tragen. Danach erfolgte die Deportation in Konzentrations- oder Arbeitslager. In den im 2. Weltkrieg von Deutschland eroberten Ländern gerieten viele nichtdeutsche Juden in den Herrschafftsbereich der Nazis. Juden wurden systematisch getötet. Die Zahl der Ermordeten wird auf über 6 Millionen geschätzt - es können aber auch mehr sein. Die Deportation haben viele Deutsche erlebt und sich nicht dagegen gewandt. Nur wenige Menschen versuchten, die Tötung von Juden zu verhindern oder haben Juden geschützt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten überlebende Juden nach Deutschland zurück, kleine jüdische Gemeinden bildeten sich, die Zahl der deutschen Juden blieb jedoch weitgehend konstant. Inzwischen sind viele jüdische Gemeinden durch Zuzug von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion größer geworden. Dem jüdischen Glauben gehörten 1995 53.797 Menschen in Deutschland an. Einige Synagogen wurden neu errichtet bzw. wieder errichtet, z.B. in Berlin und Dresden. Es gibt jüdische Schulen. Juden spielen in der deutschen Öffentlichkeit eine zunehmende Rolle, was vor allem auf den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden, Ignatz Bubis, zurückzuführen ist, der eine Autorität in Deutschland darstellt.
Seit 1919 besteht eine Trennung von Staat und Kirche bzw. Kirchen, die vorher sehr eng miteinander verbunden waren, z.B. dadurch, dass die Herrscher gleichzeitig oberste Bischöfe der jeweiligen evangelischen Kirche waren. Das Verhältnis von Staat und Kirche in der Weimarer Zeit und auch heute wird von vielen als freundliche, von anderen als hinkende Trennung bezeichnet, d.h. weiterhin sind - ob im Grundgesetz oder in anderen Gesetzen - mehr oder weniger stark christliche Züge und Denkweisen vorhanden. Dazu gibt es rechtliche und finanzielle Verflechtungen zwischen Staat und Kirche, z.B. Zuschüsse für kirchliche Schulen, Unterhalt von Kirchengebäuden durch den Staat. Auch der konfessionelle Religionsunterricht ist in den meisten Ländern ordentliches - vom Staat finanziertes - Schulfach. Die Kirchen beteiligen sich aktiv am öffentlichen Leben. Wichtig ist das gemeinsame Handeln der evangelischen und katholischen Kirchen, das das zwanzigste Jahrhundert kennzeichnete. So haben evangelische und katholische Christen in den Jahren 1933-1945 und davor gegen den Nationalsozialismus gekämpft. An der friedlichen Wende in der DDR hatten die Kirchen einen wichtigen Anteil.
Soweit Kirchen Körperschaften öffentlichen Rechts
sind (ihnen hevorgehobenen Status haben), können sie Kirchensteuern
durch die staatlichen Finanzämter einziehen lassen. Der Satz
beträgt 8-10% der Lohn- bzw. Einkommensteuer. Daneben gibt es andere
Finanzierungen z.B. durch Kirchgeld und Spenden. Umstritten ist der
Status der „Church of Scientology“. Sie wird in Deutschtnad von
den meisten Behörden und Gerichten und von einigen Ländern als - z.T.
gefährliche, weil Menschenrechte missachtende-
Fragen zum Thema.
Gesellschaft definiert?